Mehrwertsteuersenkung 2020: Die wichtigsten Informationen

Mehrwertsteuersenkung 2020

Veröffentlicht: 12.06.2020     /     Autor: Malte K.

Umsatzsteuersätze 16% und 5%

Nach intensiven Verhandlungen hat die Regierungskoalition sich am Mittwoch, den 03.06.2020, auf ein neues Konjunkturpaket geeinigt. Insgesamt sollen Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 130 Milliarden Euro umgesetzt werden um die Folgen der Corona-Krise abzumildern. 20 Milliarden Euro entfallen auf die geplante Mehrwertsteuersenkung. Der Regelsteuersatz soll vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 von derzeit 19% auf 16% gesenkt werden. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz soll im gleichen Zeitraum von 7% auf 5% gesenkt werden.

Im Vorfeld der Koalitionsgespräche wurde nicht über eine Senkung der Mehrwertsteuer debattiert und auch sonst konnte man keine Gerüchte, die in diese Richtung zeigten, vernehmen. So kam es, dass diese Neuigkeit für ein ziemliches Überraschungsmoment gesorgt hat.

Mehrwertsteuersenkung und Auswirkung auf die Buchhaltung
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Wann gilt welcher Umsatzsteuersatz?

Grundsätzlich unterscheidet das Umsatzsteuergesetz (UStG) zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen. Der Zeitpunkt der Ausführung einer Lieferung oder Leistung ist maßgeblich für die Anwendung des Steuersatzes und die Entstehung der Umsatzsteuer. Dieser Grundsatz wird weiter gelten.

Lieferungen: Lieferungen sind grundsätzlich dann ausgeführt, wenn der Empfänger die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand erlangt. Bei Versand des Gegenstands ist die Lieferung mit Beginn der Beförderung oder Versendung ausgeführt. (Abschn. 13.1 Abs. 2 UStAE)

Sonstige Leistungen: Sonstige Leistungen sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Beendigung des Leistungsabschnitts ausgeführt, wenn keine Teilleistungen vorliegen (Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE).

Innergemeinschaftliche Erwerbe: Bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb entsteht die Umsatzsteuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG).

Unrichtiger Ausweis der Umsatzsteuer

Gemäß § 14c Abs. 1 UStG (Unrichtiger Steuerausweis) schuldet ein Unternehmer, der zu viel Umsatzsteuer ausweist, die zu viel ausgewiesene Umsatzsteuer. Gleichzeitig kann die zu hoch ausgewiesene Steuer vom Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Durch die Absenkung der Steuersätze zum 01.07.2020 ist also folgendes Beispiel denkbar:

Praxisbeispiel

Die A-GmbH hat am 20.05.2020 eine Rechnung an die B-GmbH mit 1.000€ zzgl. 190€ USt. gesendet.

Der Rechnungsbetrag über 1.190€ wird von der B-GmbH bezahlt.
Die Leistung wird jedoch erst am 05.07.2020 ausgeführt.

Die A-GmbH schuldet dem Finanzamt neben der fälligen Umsatzsteuer (1.190€ x 16% = 164,14€) auch die Differenz zur unrichtig ausgewiesenen Umsatzsteuer (190€ - 164,14€ = 25,86€), die B GmbH darf jedoch nur 164,14€ als Vorsteuer in Abzug bringen.

Mehrwertsteuersenkung und Auswirkung auf die Buchhaltung
PraxistippIn einem solchen Fall sollte der Unternehmer (A-GmbH) eine Rechnungskorrektur erstellen und den zuviel erhaltenen Betrag (30€) zurückzahlen. Eine wirksame Rechnungskorrektur setzt voraus, dass der überhöhte Betrag an den Käufer zurückgezahlt wird.


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Mehrwertsteuersenkung: Sonderfälle

Anzahlungen

Anzahlungen und Vorauszahlungen müssen durch die Senkung der Mehrwertsteuer besonders beachtet werden.
Auch bei Anzahlungen ist der Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung maßgeblich für die Entstehung der Steuer und somit für den anzuwendenden Steuersatz.
Wenn eine Anzahlung erhalten wurde und der gültige Steuersatz bei Leistungserbringung von dem zum Zeitpunkt der Anzahlung abweicht, muss die Umsatzsteuer nachgezahlt oder zurückgefordert werden. Dies passiert in der Regel mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum, in dem die Leistung oder Lieferung stattgefunden hat. Es muss also keine Korrektur für den Anmeldezeitraum der Anzahlung erfolgen.

Umtausch

Wird ein vor dem 01.07.2020 gelieferter Gegenstand nach dem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstands die Umsatzsteuer in Höhe von 16% oder 5% anzuwenden.

Restaurations- und Verpflegungsservices

Sofern Sie als Unternehmer Restaurations- oder Verpflegungsservices anbieten, unterliegen Ihre Leistungen ab dem 01.07.2020 einem ermäßigten Steuersatz von 5%. Ab dem 01.01.2021 unterliegen sie dem regulären ermäßigten Steuersatz von 7% und ab dem 01.07.2021 gilt für Sie wieder der Regelsteuersatz in Höhe von 19%.

Pfandbeträge

Grundsätzlich ist es im Rahmen der Erstattung von Pfandbeträgen innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten nach Inkrafttreten der Steuersatzänderung möglich, die Umsatzsteuer noch mit dem „alten“ Steuersatz zu korrigieren.

Jahresboni & Co.

Jahresrückvergütungen, Jahresboni & Co. müssen Sie dem Steuersatz zurechnen, der in dem Zeitraum galt, in dem Sie den Umsatz erhielten.
Tipp: Für jahresübergreifende Vergütungen können Sie die Entgeltsminderung im Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze der einzelnen Jahreszeiträume aufteilen.

Telekommunikationsservices

In diesem Fall ist die Vertragslaufzeit ausschlaggebend. Geht der vereinbarte Abrechnungszeitraum über den gesamten Zeitraum der gesenkten Mehrwertsteuer hinaus, ist es möglich, einen einmaligen, zusätzlichen Abrechnungszeitraum einzurichten.

Dauerleistungen, Jahreskarten, Abonnements

Handelt es sich um Leistungen, die über einen längeren Zeitraum laufen (zum Beispiel ein Jahr), muss geprüft werden, ob es sich um Teilleistungen oder einheitliche Leistungen handelt.
Teilleistungen lassen sich als eigenständig wertvoll abgrenzen. Hierzu zählen zum Beispiel Leasingverträge oder 10er-Karten.
Es gilt: Für Teilleistungen, die vor dem 01.07.2020 oder nach dem 31.12.2020 ausgeführt sind, entsteht Umsatzsteuer mit dem „alten Steuersatz“ 19% oder 7%.
Für Teilleistungen, die zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 ausgeführt werden, entsteht die Umsatzsteuer mit den gesenkten Steuersätzen von 16% oder 5%.
Es müssen die jeweiligen Zeiträume entsprechend der Teilleistungen abgegrenzt werden und Abrechnungen wie Verträge oder Dauerrechnungen müssen korrigiert werden.

Abonnements oder Jahreskarten sind Beispiele für einheitliche Leistungen. Die Umsatzsteuer entsteht hier, sobald die Leistung abgeschlossen ist. Dies ist am Ende des jeweiligen Leistungszeitraums der Fall. Auch wenn die Umsatzsteuer mit einem anderen Steuersatz bereits abgeführt wurde, da sie bereits bei Zahlungseingang zum Start des Leistungszeitraums fällig wurde.

BuchhaltungsButler Nutzungsgebühren

Ein Hinweis in eigener Sache: Bei den Nutzungspaketen von BuchhaltungsButler handelt es sich um einheitliche Dauerleistungen. Wie oben beschrieben, ist für ein Paket, das am 05.07.2019 gebucht wurde, der Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer der 04.07.2020, da der Leistungszeitraum bis zu diesem Datum läuft und die Leistung erst zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen ist.

Die Rechnung wurde bereits im Juli 2019 mit 19% Umsatzsteuer erstellt und durch unseren Kunden auch bezahlt. Wir haben die Umsatzsteuer im Juli 2019 geleistet und unser Kunde die Vorsteuer im Juli 2019 gezogen.

Durch die nun verkündete Senkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 16% zum 01.07.2020 wurde durch BuchhaltungsButler eine zu hohe Umsatzsteuer ausgewiesen. Gemäß § 14 Abs. 1 UStG schuldet BuchhaltungsButler entsprechend auch die Differenz zur tatsächlichen Umsatzsteuer. Diese haben wir in 2019 rückblickend korrekt geleistet. Allerdings befähigt eine unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer den Leistungsempfänger nicht zum Abzug der zu viel gezahlten Vorsteuer. Hieraus folgt, dass unser Kunde im Juli 2019 zu viel Vorsteuer gezogen hat.

Und nun?: In der Vergangenheit ist eine ähnliche Situation bereits häufiger eingetreten. Zuletzt bei der Senkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets von 19% auf 7% zum 01.01.2020. Hierzu hat das Bundesministerium für Finanzen in ihrem Schreiben vom 21.01.2020, BStBl 2020 I S. 197, in der Randziffer 19 mitgeteilt, dass keine Pflicht zur Rechnungsberichtigung besteht und gleichzeitig “aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen Rechnungen [...] ein Vorsteuerabzug in Höhe des Regelsteuersatzes gewährt” wird. In der aktuellen Situation und auf Grund der zeitlichen Befristung erwarten wir ein sehr ähnlich gelagertes Verhalten der Finanzbehörden. Sollte im Laufe der kommenden Monate allerdings keine Übergangslösung für den oben beschriebenen Fall kommuniziert werden, werden wir unsere Kunden selbstverständlich bei sämtlichen Schritten zur Korrektur Ihrer Vorsteuer aus dem letzten Jahr unterstützen.

Quellen:

BMF v. 21.01.2020 - III C 2 - S 7244/19/10002 :009 BStBl 2020 I S. 197: https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/817529/

Prof. Rolf-R. Radeisen: Herausforderungen durch die Absenkung des Umsatzsteuersatzes 2020: https://www.haufe.de/steuern/gesetzgebung-politik/absenkung-des-mehrwertsteuersatzes-2020-probleme-in-der-praxis_168_517790.html

UStG: https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__13.html

DR. ROGER GOTHMANN: Senkung der Umsatzsteuer-Sätze zum 1. Juli – Neue Erkenntnisse: https://blog.taxdoo.com/senkung-der-umsatzsteuer-satze-zum-1-juli-neue-erkenntnisse/

Die Angaben in diesem Artikel wurden mit großer Sorgfalt recherchiert.
Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der angegebenen Informationen können wir dennoch keine Haftung übernehmen.
Insbesondere ersetzen die Informationen keine qualifizierte Beratung durch einen Steuerberater.

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